Osseointegration
Implantatheilung im Alter?
Durch den steigenden Anspruch an Lebensqualität im hohen Alter wird festsitzender Zahnersatz auf Zahnimplantaten immer beliebter. Die schnelle und langfristig erfolgreiche Einheilung von Implantaten, die sogenannte Osseointegration, stellt die Kieferchirurgie vor eine Herausforderung.
Die gute Nachricht: Studien zeigen, dass mit den modernen Methoden Implantate auch bei schlechtem Knochenvolumen sehr gute Langzeiterfolge erzielen. Selbst bei schwierigen Diagnosen wie künstlich aufgebauten Oberkiefern oder schmalen Kieferkämmen sind die Implantate nach guter Osseointegration lange haltbar. Hier erfahren Sie mehr über den Verlauf, die Voraussetzungen und wie die Implantate auch im Alter ideal einheilen.
Was bedeutet Osseointegration?
Die Osseointegration ist ein biologisches Konzept, dass die Einheilung eines leblosen, metallischen Gegenstands in ein lebendes Knochengewebe meint. Im eigentlichen Sinn handelt es sich dabei um einen Verankerungsmechanismus. Eine solche Verankerung ermöglicht über Zahnimplantate die Befestigung von implantatgetragenen Zahnersatz am Knochen. Das Eintreten und der Erfolg dieser Verankerung im Rahmen der Einheilung von Implantaten sind immer wieder bewiesen worden und stehen zweifelsfrei fest.
Entdeckung
Entdeckt wurde die Osseointegration in den 1950er und 60er-Jahren von Prof. Per-Ingvar Branemark und seinem Team in Schweden als zufälliges Nebenprodukt ihrer Forschungsarbeiten. Es stellte damit eine alternative Verankerungsmethode dar.
Branemark war kein Zahnarzt, sondern ein Mediziner, der sich für die Mikrozirkulation des Knochens und Fragen der Wundheilung interessierte. Er studierte diese Phänomene mithilfe der Vitalmikroskopie, bei der eine sehr dünne Schicht lebenden Gewebes präpariert und unter dem Mikroskop untersucht wird. Er benutzte dabei eine in Metall gefasste optische Klammer, die chirurgisch in den Knochen des zu untersuchenden Tieres eingesetzt wurde.
War das Metall dieser Klammern aus Titan, entstand eine sehr feste Verbindung zwischen Knochen und Titan. So heilte das Titan so fest in den lebenden Knochen ein, wie es zuvor nicht für möglich gehalten worden war. Branemark erkannte die bahnbrechende Bedeutung des neuen Mechanismus - nicht nur für die dentale Osseointegration, sondern auch für den Bereich der Orthopädie. Er nannte diesen Verbundmechanismus Osseointegration und startete darauf basierend grundlegende Forschungen in dem Bereich der Implantologie.
Prinzip der Osseointegration
Bei einer erfolgreichen Einheilung eines Implantates besteht ein direkter Kontakt zwischen lebendem Knochengewebe und Titan. Diese Verbindung muss und kann auch starke Belastungen aushalten. Das osseointegrierte Zahnimplantat entspricht eher einem ankylosiertem als einem normalen Zahn, da eine umgebende Bindegewebsschicht (Zahnfleisch) und ein parodontales Ligament (Zahnhalteapparat bzw. Gewebsfasern, die den Zahn flexibel und fest halten) am Implantat fehlen. Oft kommt es bei einer zu frühen Belastung von Implantaten, dass die Osseointegration nicht dauerhaft abgeschlossen werden kann. Deswegen werden seit Kurzem auch Implantate mit Dämpfung für Zahnersatz angeboten. Sie imitieren den natürlichen Zahnhalteapparat.
- Ankylos Implantat - Stoßdämpfung unter anderem möglich
Warum ist eine optimale Einheilung der Implantate wichtig?
Das Knochengewebe des menschlichen Kiefers benötigt ein gewisses Maß an Belastungsfähigkeit. Wenn Zähne verloren gehen, verringert sich auch nach und nach das natürliche Knochenvolumen. Aufgrund der fehlenden Stimulation der Kaukraft wird der Knochen an den betroffenen Kieferbereichen abgebaut. Festsitzende Implantate verteilen die Kaukraft wie natürliche Zahnwurzeln auf den Kieferknochen und verhindern somit den Abbau des Knochengewebes.
Der Kieferknochen wird ganz natürlich belastet und behält seine Vitalität.
Aus Sicht der Zahnmedizin ist eine umfassende Osseointegration notwendig, um Infektionen und Entzündungen vorzubeugen sowie vor Knochenverlust zu schützen. Sie ist dabei vor allem vom Umfang des Eingriffs, den verwendeten Materialien und dem Zustand der vorhandenen Knochensubstanz abhängig – es kann mehrere Monate dauern, bis die neuen Implantate wirklich zuverlässig und fest sitzen.
- Wie sich eine Implantatentzündung äußert und behandelt wird
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Osseointegration
Eine erfolgreiche Osseointegration ist nur durch eine sorgfältige Implantatplanung, ein sehr gewissenhaftes chirurgisches Vorgehen und ein bewährtes prothetisches Konzept zu erreichen. Die Einheilung verläuft erfolgreich, wenn biologische Prinzipien beachtet werden und die Wundheilung vollständig verstanden wird. Zu ihren weitreichenden Anwendungsgebieten gehören nicht nur die Verankerung von Zahnersatz, sondern auch kiefer- und Gesichts-chirurgische Indikationen, der Ersatz von Gelenken und die Befestigung künstlicher Gliedmaßen.
Wie läuft die Einheilung ab?
Wenn sich bereits Knochen im Kiefer abgebaut hat, gestaltet sich die Versorgung mit Zahnimplantaten schwieriger. Es ist dann ein vorheriger Knochenaufbau notwendig. Bei der sogenannten Augmentation wird der Knochen regeneriert. Diese Behandlung erfolgt durch den Aufbau mit synthetischem Material oder körpereigenem Knochen. Auch mit der Sinuslift Operation wird bereits abgebauter Knochen wieder aufgebaut, um den Implantaten den nötigen Halt zu geben. Bei der Sinuslift Methode wird die Knochenschicht verdickt, indem die innere Mundschleimhaut in der Kieferhöhle angehoben wird.
Durch das "Liften" bekam der Eingriff seinen Namen. Um die Erfolgsrate, bei der Osseointegration und späteren Implantatversorgung zu garantieren, sollten eine sorgfältige Anamneseerhebung, Implantatplanung und eine genaue Patientenselektion im Vorfeld von operativen Eingriffen erfolgen.
- Wie der Sinuslift genau abläuft
Wie lange dauert die Osseointegration?
Eine unkomplizierte Implantation ist möglich, wenn genug Knochensubstanz beim Patienten vorhanden ist. Häufig reicht schon ein Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen, um ausreichende Stabilität zu erreichen. In der Praxis sollte der Zahnersatz auf Festigkeit getestet sowie Röntgenbilder angefertigt werden.
Eine sofortige Belastung ist möglich, wenn der Unterkiefer mit beispielsweise bis zu vier Implantaten versorgt wurde. Durch die gemeinsame Verbindung entsteht eine Schienung, die die Heilung begünstigt. Auch Implantate, die sofort belastet werden dürfen, sind noch nicht automatisch fest eingeheilt. Die Dauer der Osseointegration bei belastbarem Zahnersatz ist genauso lange wie bei unbelastetem.
Bei schwacher Knochensubstanz oder wenn diese erst aufgebaut werden musste, kann die Phase der Heilung zwischen sechs und neun Monaten liegen. So lange nimmt die Einheilzeit des Knochens in Anspruch. Design und Oberfläche der Implantate haben ebenfalls Einfluss auf den Heilungsprozess. Seit Jahren ist die Zahnmedizin auf dem Weg, die Einheilung von Implantaten auf wenige Wochen zu verkürzen.
- Wie Implantate mit Sofortbelastung aufgebaut sind
- Was der Unterschied zur Sofortimplantation ist
Risiko: Implantatverlust
Trotz aller Fortschritte sollte das Risiko eines Implantatverlustes und dessen Folgen nicht unbeachtet bleiben. Denn auch Implantate, die sofort belastet werden dürfen, sind noch nicht automatisch fest eingeheilt. Durch hohe primäre Stabilität ist es jedoch möglich, eine Knochenfestigkeit zu erzielen, die ohne an Stabilität zu verlieren, in eine sekundäre Stabilität durch die Einheilung übergeht.
Wie verläuft die Osseointegration im Alter?
Der Anspruch an Lebensqualität und die Konzentration hoher Einkommen bei Patienten im Seniorenalter steigern die Nachfrage nach festsitzendem Zahnersatz durch Implantate. Wie sieht es aber in zunehmendem Alter mit der Osseointegration aus?
In der heutigen Zeit haben Zahnmediziner die Möglichkeit, zahnlose Kieferabschnitte mit enossalen Implantaten zu regenerieren. Durch die Inaktivitätsatrophie des Knochens kommt es in zahnlosen Kieferabschnitten häufig zum Rückgang des Kieferknochens. Mit Augmentation, Sinuslift und Anlagerungsosteoplastiken ist es möglich, Knochendefizite auszugleichen.
Besonderheiten der Implantateinheilung im Alter
Mit dem steigenden Lebensalter wächst die Häufigkeit der Erkrankungen (Diabetes mellitus, Knochenverlust), welche einen direkten Einfluss auf die Struktur und den Stoffwechsel des Knochens haben können. Im zunehmenden Alter ist das Gewebe zudem strukturellen und histologischen Veränderungen unterworfen – auch die Mundschleimhaut weist eine veränderte Durchblutung auf und die Produktion von Speichel sowie die Epitheldicke nehmen ebenfalls ab.
Im Alterungsprozess des Knochens zeichnet sich die sinkende Anzahl der Knochenbildenden Vorläuferzellen ab, die eine verminderte Teilungstendenz und veränderte Sensibilität der Signalproteine zur Folge haben. Die verminderte Regenerationsfähigkeit des Knochens kann dabei ebenso wie die geringere Durchblutung sowie die verlangsamte Gefäßneubildung die Einheilung des Implantats verzögern.
Daher ist die Kenntnis und Berücksichtigung der Pathomechanismen eine Grundvoraussetzung für die Implantatbehandlung bei Senioren. Eine erfolgreiche Osseointegration wird dabei durch den sicheren Verschluss des Weichgewebes gewährleistet. Durch die geschlossene Gewebedecke wird das Implantat stabilisiert und erhält zusätzlich mechanischen und chemischen Schutz des Blutkoagels und des sich bildenden Kallus.
- Implantatpflege - Wie Sie Ihre neuen Implantate am besten pflegen
Häufige Fragen und Antworten
- Wann Implantate?
- In den meisten Fällen setzen Zahnärztin und Zahnarzt das Implantat nach etwa sechs bis zwölf Wochen in das ehemalige Zahnfach, mitunter bereits nach zwei Wochen. Fachleute nennen dies eine »verzögerte Sofortimplantation«. In dieser Zeit können kleinere Entzündungen abheilen und behandelt werden.
- Zahnimplantate Heilungsverlauf?
- Folgende Phasen und Zeiträume sollten für die Heilung beachtet werden: Weichteilheilung (Zahnfleisch & Entzündungsherde): 4–8 Wochen. Implantateinheilung (Oberkiefer): 4–6 Monate. Implantateinheilung (Unterkiefer): 2–4 Monate.
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